Il dolce suon della famosa lira | Che vi donò quel gran pastor di Delo
M’infiamma il cor d’un sì vivace zelo | Ch’a cantar mi costringe sprona & gira
Quarte rime della Signora Laura Terracina detta Phebea nell’ Academia degli’ Incogniti, Venedig 1550
Sogleich im ersten Quartett ihres Sonetts, das sie ihrem Dichterkollegen Angelo di Costanzo widmete, verweist die zu ihrer Zeit berühmte Laura Terracina auf das, was ihr als Inspiration zur Poesie und für deren Vortrag wichtig und wesentlich erschien: Auf den Klang der Lira.
Noch ganz in der Tradition des mittelalterlichen Menestrellos trug ein Cantarino bei Hofe seine Lyrik im Stil des „Parlar cantando“ stets singend und sich selbst begleitend vor. Im Italien der Renaissance erfreute sich dazu die 7-saitige Lira da braccio außerordentlicher Beliebtheit, da ihre akkordische Spielweise vielfältige Möglichkeiten für den Klang und den musikalischen Ausdruck bot. Der Sänger und Liraspieler Giacomo da San Secondo, ein enger Freund des Humanisten und Dichters Baldassare Castiglione, gelangte mit seiner Kunst in Rom sogar zu solcher Berühmtheit, daß – wie wohl zurecht vermutet wird – Raffael ihn im Jahr 1511 zum Vorbild für den Apoll in seinem Fresko „Il parnaso“ nahm. Ob die Dichtungen gelesen wurden oder aus dem Stegreif entstanden, war für deren Vortrag zweitrangig. Bewundert wurde ihr Effekt im Zusammenklang mit der Musik. Castiglione bemerkte dazu in seinem „Il libro del cortegiano“ (1528): „[…] il che tanto di venustà, ed efficacia aggiunge alle parole, che è gran maraviglia.“ – „[…] daß es ein großes Wunder ist, wie dadurch die Schönheit und Wirkung der Worte wächst“. Die Begleitung mit der Lira da braccio war also etwas ganz Essenzielles. Von den solistischen Stücken für dieses Instrument sind lediglich eine Romanesca und das Fragment eines Passamezzo überliefert. Zahlreicher zu finden sind hingegen Bearbeitungen ursprünglich vierstimmig gesetzter Werke zum Spiel auf der Laute, wie sie Ottaviano Petrucci verlegte. Das Bestreben, die beliebten Frottolen von Marchetto Cara, Bartolomeo Tromboncino u. a. in dieser Form den musizierenden Laien zugänglich zu machen, sorgte letztlich dafür, daß ihre Kompositionen bis heute erhalten blieben.
So bietet sich jetzt die Gelegenheit, sie neu für die Lira zu intavolieren und den Klang des vergessenen Instruments wieder erlebbar werden zu lassen. Ganz im Sinn der Worte Laura Terracinas: „Der süße Klang der berühmten Lira, die dir der große Hirte von Delos [Apoll] gab, entfacht mein Herz mit solch glühendem Eifer, daß ich zum Singen gedrängt und bestimmt bin.“
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